Immer wieder erleben wir es, dass Interessenten an unseren Diensten fordern, dass ihr Materndienst nicht als Anzeige gekennzeichnet wird. Wettbewerber von uns hätten das zugesagt. Wir enttäuschen unsere potenziellen Kunden ungern, aber wir halten uns an die Gesetze. Der Bundesgerichtshof hatte einen Fall aus Baden-Württemberg zu entscheiden, wo ein bezahlter Beitrag (vergleichbar mit einem Materndienstbeitrag) nicht korrekt gekennzeichnet wurde.

Bezahlte Beiträge in Zeitungen müssen klar als Anzeige gekennzeichnet werden. Umschreibungen, wie "gesponsort von ..." reichen nicht aus. (Foto: Markus Burgdorf)

Bezahlte Beiträge in Zeitungen müssen klar als Anzeige gekennzeichnet werden. Umschreibungen, wie „gesponsort von …“ reichen nicht aus. (Foto: Markus Burgdorf)

Der Bundesgerichtshof nimmt Bezug auf das Landespressegesetz Baden-Württemberg (LPresseG BW) – in allen anderen Bundesländern gibt es ähnliche Vorschriften, so dass das Urteil als für ganz Deutschland gültig angesehen werden muss.

Dazu hier die Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes zum Urteil von 2014:

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass ein Presseunternehmen einen von einem Unternehmen bezahlten redaktionellen Beitrag in einer Zeitung deutlich mit dem Begriff „Anzeige“ kennzeichnen muss.

Die Klägerin gibt das „Stuttgarter Wochenblatt“ heraus. Die Beklagte ist Verlegerin des kostenlosen Anzeigenblatts „GOOD NEWS“. Sie veröffentlichte in der Ausgabe Juni 2009 zwei Beiträge, für die sie von Sponsoren ein Entgelt erhalten hatte. Das hatte die Beklagte mit dem Hinweis „sponsored by“ und der graphisch hervorgehobenen Angabe des werbenden Unternehmens kenntlich gemacht.

Die Klägerin ist der Auffassung, dieses Verhalten verstoße gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 10 Landespressegesetz Baden-Württemberg (LPresseG BW)*, weil die Veröffentlichungen nicht hinreichend als Anzeige gekennzeichnet seien. Sie hat die Beklagte deshalb auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Der Bundesgerichtshof hat dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorgelegt, ob die Vorschrift des § 10 LPresseG BW, die neben dem Verbraucherschutz auch dem Schutz der Unabhängigkeit der Presse dient und zum Teil strengere Anforderungen an die Kenntlichmachung redaktioneller Werbung stellt als die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, im Einklang mit dieser Richtlinie steht. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat hierzu entschieden, dass für die vorliegende Fallkonstellation der Anwendungsbereich der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken nicht eröffnet ist.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen und damit das von den Vorinstanzen ausgesprochene Verbot bestätigt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte die Beklagte für die Veröffentlichung der beiden redaktionell aufgemachten Beiträge ein Entgelt erhalten. § 10 LPresseG BW erfordert nicht, dass das Entgelt für einen bestimmten Inhalt der Veröffentlichung oder für einen im Vorhinein festgelegten Artikel bezahlt wurde. Es kommt nur darauf an, dass der Verleger eines periodischen Druckwerks für eine Veröffentlichung ein Entgelt erhalten hat.

Das strikte Gebot der Kenntlichmachung von Anzeigen wird verletzt, wenn der präzise Begriff der „Anzeige“ vermieden und stattdessen ein unscharfer Begriff gewählt wird. Die Kennzeichnung der Beiträge mit den Wörtern „sponsored by“ reichte daher zur Verdeutlichung des Anzeigencharakters der Veröffentlichungen nicht aus.

Urteil vom 6. Februar 2014 ­ I ZR 2/11 ­ GOOD NEWS II

LG Stuttgart – Urteil vom 27. Mai 2010 ­ 35 O 80/09 KfH

OLG Stuttgart – Urteil vom 15. Dezember 2010 ­ 4 U 112/10

juris

BGH, Beschluss vom 19. Juli 2012 ­ I ZR 2/11, GRUR 2012, 1056 = WRP 2012, 1219 ­ GOOD NEWS I

EuGH, Urteil vom 17. Oktober 2013 ­ C­391/12, GRUR 2013, 1245 = WRP 2013, 1575

* § 10 LPresseG BW lautet:

Hat der Verleger eines periodischen Druckwerks oder der Verantwortliche (§ 8 Abs. 2 Satz 4) für eine Veröffentlichung ein Entgelt erhalten, gefordert oder sich versprechen lassen, so hat er diese Veröffentlichung, soweit sie nicht schon durch Anordnung und Gestaltung allgemein als Anzeige zu erkennen ist, deutlich mit dem Wort „Anzeige“ zu bezeichnen.

Damit dürfte diese Frage geklärt sein. Wer dennoch Materndienste, Advertorials oder andere bezahlte Beiträge ohne Kennzeichnung als Anzeige anbietet, handelt wettbewerbswidrig und verstößt eventuell auch gegen weitere Gesetze. Den Zeitungen droht bei Nichtbeachtung eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung durch konkurrierende Verlage.

Bei Pressediensten entfällt der Hinweis „Anzeige“

Wer über uns einen Pressedienst bucht, kann erwarten, dass dieser Beitrag nicht als Anzeige gekennzeichnet wird. Es gibt eine Ausnahme: Wenn der Beitrag innerhalb einer Themen-Sonderbeilage erscheint, kann es sein, dass ganze Zeitungsseiten mit dem Hinweis „Anzeige/Sonderveröffentlichung“ gekennzeichnet werden.

Grundsätzlich ist der Pressedienst ein journalistisch aufbereitetes Textangebot, bei dem wir auch darauf achten, dass er informativ aber nicht werblich ist. Die Redaktionen können sich den Beitrag runterladen und ihn verwenden. Sie erhalten dafür keine Vergütung, müssen aber auch kein Honorar für diese Beiträge zahlen. Eine klassische win-win-Situation.